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Gespräche



 15.06.2019 - Lucrezia Borgia 



Glanz und Gewalt-eine Biographie

Friederike Hausmann schreibt historische Sachbücher und übersetzt aus dem Italienischem ins Deutsche. Im C.H. Beck Verlag ist nach ihrer ersten Biographie „Herrscherin im Paradies der Teufel. Königin Maria Carolina von Neapel“ nun die Biographie der Papsttochter und Renaissancefürstin Lucrezia Borgia mit dem Untertitel „Glanz und Gewalt“ erschienen.

Um Sie auf dieses glänzende Buch aufmerksam zu machen und Sie gerne auch zum Lesen zu verführen, lesen Sie hier eine verkürzte Begrüßung zur Buchvorstellung, die von der Interkulturellen Stiftungsinitiative Kolibri,

zur Unterstützung für ein besseres Zusammenleben von Deutschen und Migranten,
in der Seidlvilla am 2.Juni 2019 organisiert wurde.
Frau Bürner-Kotzam von der Stiftungsinitiative Kolibri, eröffnete den Abend und stellte die Autorin Friederike Hausmann vor.

Friederike Hausmann beschäftigt sich seit vielen Jahren als Autorin und Übersetzerin mit Geschichte und Gegenwart Italiens. Von den 40 oder mehr Übersetzungen erwähne ich wenige Autoren, um die Spannbreite ihrer Übersetzungen zu zeigen, denn sie reicht von Petraca über Umberto Eco, Rosana Rossanda, Roberto Savino bis zu Joseph Ratzinger. Neben Büchern über den italienischen Freiheitshelden Garibaldi und die „Geschichte Italiens von 1943 bis nach Berlusconi“ hat sie sich wiederholt mit eigenwilligen historischen Frauenfiguren beschäftigt. Als Beispiel sei genannt ihr Buch über „Maria Carolina, Königin von Neapel“, die von Napoleon als die gefährlichste Frau Europa betitelt wurde. Zum 500. Todesjahr von Lucrezia Borgia ist mit „Lucrezia Borgia, Glanz und Gewalt“ ein gut recherchiertes und beeindruckend geschriebenes Buch erschienen, das auch in die dramatische Machtpolitik der Zeit und ihre kulturellen und gesellschaftlichen Zusammenhänge einführt, die meist überhaupt nicht berücksichtigt werden, wenn es um Lucrezia Borgia geht. Denn bis heute ranken sich um ihre Gestalt grausige Geschichten, die man heute gut und gerne als Fake News bezeichnen könnte.

F.H.
Unser Bild von Lucrezia Borgia ist nach wie vor geprägt von dem in der Romantik, von Viktor Hugo geschriebenen Drama über Lucrezia Borgia, auf dem auch die gleichnamige Oper von Gaetano Donizetti basiert. In dem Stück wird Lucrezia als eine blutschänderische Furie dargestellt, die ihre eigensüchtigen Ziele mit Gift durchsetzen will, sich aber schließlich in ihren eigenen Intrigen verstrickt.
Gerade neuerdings erfreuen sich diese Aspekte besonderer Beliebtheit, nicht zuletzt in aufwendigen amerikanischen Serien, die leider alle verleumderischen Thesen über Lucrezia und ihre Familie nicht nur aufnimmt, sondern sogar noch weiterspinnt. Schon allein der Titel der amerikanischen Serie „Sex, Macht, Mord, Amen“ sagt alles. Der historische Kern dieses Bildes ist die Tatsache, dass Lucrezia die Tochter des späteren Papstes Alexander VI. war. Ihr Schicksal blieb zeitlebens davon geprägt, in den ersten Jahrzehnten als Opfer und Spielball der Machtpolitik ihres Vaters. In den nachfolgenden letzten zwei Jahrzehnten dagegen war sie selbst Akteurin und Gegenspielerin des nachfolgenden Papstes.

Frau Bürner-Kotzam: Vom passiven Spielball zur aktiven Mitspielerin, und dann zur Gegenspielerin eines der mächtigsten Männer, noch dazu als Frau der damaligen Zeit, klingt für mich als Leserin spannend, für Sie als Biographin sehr herausfordernd. Worauf kam es Ihnen in dieser Biographie an?

F.H. Mein Anliegen beim Schreiben dieser Biographie war es natürlich, der historischen Persönlichkeit auf die Spur zu kommen.
Aus ihrer Zeit gibt es eine Fülle von schriftlichen Quellen aus den verschiedensten Richtungen, Berichte der Gesandten der vielen italienischen Höfe, Tagebücher von Stadtschreibern, den Bericht des päpstlichen Zeremonienmeisters, dazu eine Fülle von Flugschriften – die Erfindung des Buchdrucks lag ja noch nicht lange zurück.
Lucrezia selbst hat dagegen nur wenig Schriftliches hinterlassen, und ihre Briefe gehen selten über formelhafte Formulierungen hinaus. Wenn man, wie ich dies versucht habe, alle diese Quellen miteinander vergleicht, ergeben sich natürlich zahlreiche Widersprüche. Meiner Ansicht nach wäre es ohnehin grundsätzlich falsch, ein in unseren Augen stimmiges psychologisches Bild einer historischen Persönlichkeit, die von uns so weit entfernt ist, zu zeichnen. Besonders aber bei Frauenbiographien wird genau dies immer und immer wieder versucht.
Ich dagegen wollte Lucrezia in ihre Zeit hineinstellen, Lücken nicht füllen, Widersprüche nicht nur stehen lassen, sondern sie sogar herausarbeiten, und Geheimnisse, wo sie nicht zu erhellen sind, als solche stehen lassen. Ausdrücklich wollte ich deshalb immer wieder die Distanz aufscheinen lassen, die uns von den Menschen der Renaissance trennt. Und gerade das sollte es in meinen Augen sein, was Lucrezia für uns so faszinierend und außergewöhnlich macht.

Bücher & mehr: Es war ein mitreißender Abend zum Leben von Lucrezia Borgia. Die Geschichte dieser spannenden und mutigen Renaissancefürstin musste neu geschrieben werden, weil sie als Tochter eines Papstes von damals bis heute mit erfundenen Nachrichten verleumdet wird.


©Steffi M. Black für Bücher & mehr e.V. 2019